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AutorenbildNaemi

Auf dem höchsten Kirchturm der Schweiz

Die Stadt Bern liegt mir dunkel zu Füssen. Es weht ein leichter Wind. Eingepackt in ein dickes Halstuch und in meine Daunenjacke, lasse ich den Blick über die Hauptstadt schweifen. Die Aare glitzert und schlängelt sich der Altstadt entlang Richtung Lorraine. Der Vollmond leuchtet hell am Himmel und die Orte, die vor mir liegen, lassen mich in Erinnerung schwelgen; der Rosengarten, die Lauben, die Kornhausbrücke, der Gurten; wann findet wohl das nächste Festival statt und wie wird dann die Foodmeile aussehen? Von der Foodmeile komme ich mit meinen Gedanken wieder zurück ins Jetzt und die Vorfreude auf den bevorstehenden Apéro hoch über Berns Dächern steigt.

Diese Szene erlebe ich während einer abendlichen Besichtigung des Berner Münsters Anfang Oktober. Aber nun mal von Beginn an:

Provokante Figuren im Kirchenschiff

Wir versammeln uns um 19:00 Uhr beim Souvenirshop im Münster, wo uns Marie-Therese Lauper, die Turmwartin, zu unserer Führung begrüsst. Dann geht’s los den Kirchengang entlang ganz nach vorne zum Kirchenschiff. Dieser Teil ist normalerweise nicht zugänglich für die Öffentlichkeit. Zum ersten Mal fallen mir die steinernen Gesichter ganz oben auf, sie starren auf uns herab und stellen Heilige und wichtige Personen der Kirchengeschichte dar. Geschnitzte Engel und Bären zieren die Kirchenbänke und Marie-Therese hat einiges über diese, zum Teil sehr provokanten Figuren zu berichten.

Die gewichtige Susanna und die Armesünderglocke?

Dann geht es hoch – die Treppen rauf auf die Plattform zu den Glocken. Jede Glocke hat ihre eigene Geschichte. Beispielsweise gibt’s da die Armesünderglocke, die früher zur Hinrichtung läutete oder die grösste Glocke – auch genannt «gewichtige Susanna», die heute nur am Sonntag oder zu speziellen Anlässen läutet. Warum die Glöckner abgelöst wurden und warum die grosse Glocke auch gewichtige Susanna genannt wird, welche Glocke noch von Hand bedient wird und wann dies geschieht: all das und noch weitere spannende, lustige und tragische Geschichten erzählt euch Marie-Therese Lauper auf dem abendlichen Rundgang durch den grössten Kirchturm der Schweiz. Schliesslich hält sich noch eine besondere Überraschung für uns bereit.

Apéro im Turmzimmer

Die letzten Stufen steige ich in Gedanken an die Menschen, die hier jahrelang geschuftet und ihre Arbeit getan haben, empor. Just in dem Moment, als wir oben ankommen, zeigt sich der Vollmond. Und wie bereits beschrieben, geniesse ich den Ausblick und gehe meinen Gedanken nach.

Die Stärkung gibt’s dann im geheizten Turmzimmer. Jetzt heisst es verweilen, plaudern und "apérölen". Vor dem Abstieg haben wir die Möglichkeit, die Turmwohnung zu besichtigen, in dem die frühere Turmwartin mit ihrer Familie auch tatsächlich gewohnt hat.

Voller Eindrücke nehme ich den Abstieg in Angriff. Unten angekommen schaue ich zum Münster hoch und irgendwie kommt es mir ganz anders vor, so vertraut und doch irgendwie sehr viel geheimnisvoller als noch vor 2 Stunden.

Vollmond über Bern

Der nächste Vollmondturmapéro findet am 01. November um 17:30 Uhr statt. Eine Anmeldung ist erforderlich.

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